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Newsletter September 2014

Hunde - Augenblicke

16102012 Zingst 027Ich sage dir Quirino, eines Tages fliegt die Wurst vom Tisch direkt in mein Maul. Ich muss nur lange genug gucken, dann bewegt sie sich ganz langsam und fällt runter, und dann, ja dann…!“

„Was ist dann, Wuotan!“  fragte Quirino ganz aufgeregt. Wuotan guckte ganz bedeutungsvoll zur Küche. Bis zur Tür und keinen Schritt weiter in die Küche, das ist die Devise, die Herrchen an die Hunde gegeben hat. Sie halten sich daran, fast immer. Aber gucken darf man ja mal. Wuotan gab Quirino ein Zeichen, er sollte mal ganz nah heranrücken, dann könnten sie beide gleichzeitig in die Küche gucken. Hier stand Herrchen und bereitete das Abendessen für alle vor. Er hatte seine Kochjacke an und schwang gerade die Bratpfanne. Herrlich roch es heute nach Gehacktem. Wuotan liebte Gehacktes mit Reis. Und Wuotan wusste genau, wenn Herrchen die Pfanne vom E-Herd nahm und sie in der Luft schwenkte, kann es passieren, dass ein klein wenig Gehacktes aus der Pfanne fällt. Und das ist dann seine Gelegenheit. Nun hatte er sich eine List ausgedacht.

Zu Quirino flüsterte er: “Pass auf Bruderherz, ich kann es dir beweisen, was ich nur durch meinen  Blick erreichen werde!“ Quirino war ganz aufgeregt und strampelte mit den Vorderpfoten. Er saß direkt neben Wuotan. Wuotan raunte ihm noch einmal zu. „Pass auf, gleich wird es Geschehen! Ich gucke und gucke und dann macht es Plumps!“ Quirino  bewunderte seinen Bruder und wurde noch aufgeregter. Er fing an zu fiepen. Herrchen hörte das Fiepen und drehte sich um, blickte weg von der Pfanne. „Was ist denn Quirino?“ fragte er den Hund. Und genau in diesem Augenblick hielt Herrchen die Pfanne ein wenig schief und ein  wenig Gehacktes fiel mit einem Plumps aus der Pfanne. Herrchen hatte es nicht gemerkt, aber Wuotan. Ihm lief das Wasser im Maul zusammen. Die List war geglückt. Doch etwas fehlte noch.

So raunte er: „Los Quirino, hol dir ein Stück und lass mir etwas übrig!“ Quirino wusste genau, dass sie nicht in die Küche durften, doch er war so fasziniert von Wuotans Können und mit einem Satz saß er neben Herrchen, schmiegte sich an sein Knie und schnappte sich dann noch schnell ein wenig Gehacktes vom Fußboden. Schmatz, lecker.

Und Herrchen? Der merkte es nicht einmal. Er meinte  nur tröstend zu Quirino: „Was ist denn Bärchen, lässt dich Wuotan wieder nicht durch. Das war das Stichwort. Wuotan sprang auch in die Küche, mit einem Satz an Herrchens andere Seite und nahm das restliche Gehackte vom Boden auf. Herrchen hatte auch diese Geste falsch verstanden. Er kraulte Wuotan und schickte dann beide Hunde wieder in den Flur. Quirino war beeindruckt. Er hat den Trick von Wuotan nicht durchschaut und meinte: „Mache es noch einmal, Wuotan. Los, guck das Fleisch aus der Pfanne! Bitte, bitte!“

Nun fiepte Quirino wieder und Herrchen reichte es. Er meinte etwas lauter: „Die Elo´s,  bin den Wintergarten!“ Wuotan war es nur recht, denn noch einmal klappte dieser Trick nicht. Am nächsten Tag forderte Quirino ihn auf, doch ein Stück Torte vom Tisch zu gucken. Doch Wuotan wusste, dass Frauchen ihn durchschauen würde. Wuotan spielte „Hund mit lieben Blick“. Frauchen sagte nur: „Wuotan, du brauchst nicht so lieb gucken, der Kuchen springt dir ganz bestimmt nicht in dein Maul!“

Zu Quirino meinte Wuotan daraufhin: „Ach weißt du, lieber Bruderherz, es lohnt sich nur wirklich bei Fleisch. Bei Kuchen würde es die Mühe nicht wert sein! Außerdem ist es ja auch so anstrengend, die Fixierung des Kuchens mit dem Blick! Es gibt eben so Augenblicke, die lohnen sich, diesen Blick anzuwenden!“ Quirino stimmte Wuotan zu. Insgeheim nahm sich Quirino vor, die Sache mit dem Blick auch zu üben. Ein wenig Erfolg hatte er ja schon. Besonders Frauen lieben ihn, sie schmelzen geradezu dahin und kraulen ihn am Ohr. Dann flüstern sie oft die Worte, was bist du doch für ein schöner Hund, mit so schönen braunen bernsteinfarbenen Augen! Möchtest du ein Leckerli?“ Also klappte es schon ein wenig-anders eben, aber es klappt!“ dachte Quirino sich.

Jetzt trotteten beide Elos zur Terrassentür. Sie gingen in den Garten und spielten „Die Elos haben ihre wilden fünf Minuten!“ Es machte beiden Hunden große Freude im Garten immer im Kreis zu rennen. Solange, bis einer aufgibt. Die Zweibeiner lachten dann immer und riefen: „Ja, krieg ihn doch!“

 

Ist eine Sache geschehen,

dann rede nicht darüber,

es ist schwer verschüttetes

Wasser wieder einzusammeln.

Chin. Sprichwort

 

 

Hunde sind wirklich schlau, oder?

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Ich habe einen Blick aus Hundeaugen gesehen,

einen sich rasch verlierenden Ausdruck erstaunter Geringschätzung,

und ich bin überzeugt, dass die Hunde im Grunde denken, Menschen seien verrückt.

John Steinbeck